Kühlung-Schweineställe_B2_CDL

Eine Photovoltaik-Anlage ist auch eine bauliche Maßnahme zur Vermeidung von Wärmeeinträgen.

© Brede
Wilfried Brede | am 18. Juli 2022

Null Hitzestress im Schweinestall

Die vergangenen Sommer haben gezeigt, dass Schweinehalter an dem Thema Kühlung in ihren Ställen kaum mehr vorbeikommen. Was kann getan werden?

Nicht nur vor dem Hintergrund Klimawandel gewinnt der Einbau von Kühlmöglichkeiten im Schweinestall an Bedeutung. Auch die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schreibt vor, dass bei Um- und Neubauten aktive Kühlmöglichkeiten vorzusehen sind. Dort sind beispielhaft Erdwärmetauscher, Bodenkühlung, Kühlpads, Kühltürme, Verneblungsanlagen sowie Duschen und Suhlen aufgeführt. Die "normale" Lüftungsanlage bzw. eine gute Wärmedämmung des Stalles reicht künftig nicht mehr aus.

Stallklima ist Verantwortung der Halter

Trotz aller guten technischen Hilfsmittel liegt es letztlich in der Verantwortung der Tierhalter, drohenden Hitzestress in ihren Ställen zu erkennen, entsprechend im Stall zu kontrollieren und bei Bedarf gegenzusteuern. Schweine haben je nach Alter und Haltungsabschnitt einen optimalen Temperaturbereich. Ist es zu kalt, können sie über "Kuscheln" oder mit einer schlechteren Futterverwertung reagieren. Ebenso ungünstig sind jedoch zu hohe Temperaturen, denn bekanntlich können Schweine nicht schwitzen.

Diese Faktoren sollten optimiert werden

Zur Vorbeugung vor Hitzeperioden sollten grundsätzlich zunächst alle begleitenden Faktoren optimiert werden. Dazu gehören:

  • Wasserversorgung
  • Wärmedämmung
  • Beschattung des Stalles
  • Eventuell eine Dachkühlung
  • Zuluft im Sommer aus dem Zentralgang

Wasserversorgung

Als Faustformel ist festzuhalten, dass der Wasserbedarf von Schweinen etwa 10 % ihres Körpergewichts beträgt.

Achten Sie auf die richtige Durchflussmenge, damit die Tiere ausreichend Wasser zu sich nehmen können. Die Durchflussmenge ist abhängig vom Wasserdruck, der in der Praxis eine große Bandbreite hat. Und: Was rauskommt aus der Wasserleitung, ist eine Sache, aber kommt das Wasser auch wirklich beim Tier an? Kontrollieren Sie nicht nur über die Messung der Durchflussmenge, sondern auch über die Wasseruhr. Sie ist wichtiger, weil sie den wirklichen Wasserverbrauch erfasst.

Lüftung muss einwandfrei arbeiten

Wichtig im Zusammenhang mit Hitzestress ist ein einwandfreies Funktionieren der Lüftung im Stall. Achten Sie insbesondere darauf, dass Bauteile keine Verschmutzungen oder Beschädigungen (Mäusefraß) haben. Dadurch kann die Luftleistung um bis zu 80 % reduziert sein.

Die Lüftungsanlage muss aber auch schon gut geplant werden, das ist Sache von Experten. Stellen Sie Stallklimaregler so ein, dass es keine zu großen Schwankungen zwischen Tag und Nacht gibt. Sie sollten nicht größer als ca. 2 °C sein. Dafür müssen die Solltemperaturen an die herrschenden Außentemperaturen angepasst sein und ggf. regelmäßig verstellt werden. Sonst ist die Gefahr groß, dass die Tiere krank werden.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) rät dazu, Lüftungsanlagen auf verschiedene Stromkreise aufzuteilen. An Stromkreise mit Ventilatoren dürfen keine anderen Stromverbraucher angeschlossen sein. Außerdem muss eine sofortige und zuverlässige Alarmierung des Betriebsleiters bzw. einer zuständigen Person Tag und Nacht (sog. redundante Systeme) zuverlässig gewährleistet sein, sofern die Lüftung doch ausfallen sollte.

"Das A und O bei großer Hitze ist bei den Schweinen das Überprüfen der Alarmanlagen für die Lüftung“, sagt auch Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers. Die Lüftungsanlagen moderner Schweineställe sorgen nicht nur für ein angenehmes Klima im Stall, sondern auch für den Austausch der Luft und müssen daher fit sein, appelliert der Schweinehalter aus Rotenburg-Verden. Bei einem Lüftungsausfall im Winter bekommen die Schweine maximal einen Schnupfen, im Sommer hingegen wären die Folgen mit zu wenig Luft und starker Hitze weitaus größer. „Mit Wasservernebelungsanlagen können wir zudem die Ställe kühlen. Wichtig ist auch bei den Schweinen die Kontrolle der Wasserzufuhr, damit sie gut durch die heißen Sommertage kommen.“

Wärmedämmung

Wichtigstes Element einer guten Kühlung ist die Wärmedämmung des Stalles. Eine gute Wärmedämmung verhindert, dass sich ein Stall im Sommer zu sehr aufheizt.

Es sollten Dämmmaterialien mit entsprechenden U-Werten verwendet werden. Überprüfen Sie regelmäßig, ob die Dämmung ihren Zweck noch erfüllen kann. Schadnager, Waschbären etc. können erhebliche Schäden anrichten. Unter einem ungedämmten Dach kann es bis 70 °C heiß werden.

Eine Alternative beim Dämmen zu den üblichen Polyurethan- oder Polystyrol-Schäumen ist Zellulose als Dämmstoff (15 bis 20 cm Schüttung). Zellulose-Fasern werden aus Altpapier gewonnen und mit Brandschutz-Zusätzen wie Borsalz versehen. Das Borsalz verhindert zudem, dass sich Schadnager ansiedeln. Außerdem ist Zellulose vergleichsweise günstig. Wichtig ist aber immer der U-Wert, er ist entscheidend.

So können Wärmeeinträge reduziert werden

Weitere bauliche Möglichkeiten zur Vermeidung von Wärmeeinträgen sind eine Beschattung, die Photovoltaikanlage auf dem Dach, Dach- und Wandbegrünung, helle Dacheindeckungen, sowie die Beschattung von Zulufteinlässen. Außerdem sind Zuluftführung und Himmelsrichtung, also Dachüberstand und Fensterflächen relevant. Rollläden, Milchglasscheiben oder Verdunklungsfolien können Wärmeeinträge durch die Fensterflächen vermindern. Planen und kalkulieren Sie individuell ein Kühlsystem für Ihre Ställe. Man soll dabei nicht nur die Kosten im Blick haben, sondern auch den Nutzen etwa in Form höherer täglicher Zunahmen im Maststall.

Kühlung mit Wasser

Immer größere Bedeutung hierzulande bekommen aktive Kühlsysteme im Stall. Hier gibt es vier verschiedene Gruppen:

  • Systeme, die mit Befeuchtung arbeiten, die mittels Luft kühlen, die gleichzeitig kühlen und heizen oder die Direktkühlungen.
  • Nieder- und Mitteldrucksysteme zur Befeuchtung der Ställe sind preiswert, haben aber einen vergleichsweise hohen Wasserverbrauch und bringen viel Feuchtigkeit in den Stall. Wegen der großen Tröpfchen kann nicht so viel Wärme aus der Stallluft „entnommen“ werden.
  • Einfach und effektiv ist ein System, das Wasser mechanisch durch das schnelle Rotieren einer Scheibe vernebelt. Die Wirkung ist allerdings nur punktuell im Stall, zweckmäßig ist ein Anbringen im Zuluftstrom.
  • Bei einer Kühlung per Hochdruck wird die Verdunstungskälte genutzt.

Zu beachten bei allen Anlagen ist, dass dabei eine hohe Luftfeuchtigkeit im Stall entsteht. Deshalb kann diese Technik nur eingesetzt werden, wenn der Feuchtegehalt der Außenluft nicht schon zu hoch ist. Das ist bei dem typisch schwül-warmen Wetter der Fall. Dann kann die Kühlung mit Wasser negative Effekte haben. Für den Einsatz von Hochdruckkühlungen muss das Wasser gute Qualität haben, es darf nicht zu viel Eisen oder Kalk enthalten, dann verstopfen die Düsen schnell.

Kühltürme können selbst erstellt werden

Über Kühlungen, die das Medium Luft/Wind nutzen, kann eine deutliche Absenkung der Außentemperatur im Stall erreicht werden. Cool Pads oder Kühltürme bieten sich hier an. Kühltürme können gut selbst gebaut werden. Hierbei geht sämtliche Luft, die in den Stall geht, durch Porenziegel, an denen Wasser herunter rieselt.

Wenn das Kühlwasser mehrfach genutzt wird, denken Sie daran, dass sich eventuell Legionellen vermehren können. Der Vermehrungsbereich dieser Bakterien liegt bei einer Wassertemperatur zwischen 20 und 45° C. (Optimum 36°C). Beachten Sie hier die Hygiene (evtl. Wasserdesinfektion), da eine Vermehrung nur in der Verbindung mit anderen Bakterien, Algen oder Protozoen erfolgt.

Mit einem Kühlturm kann man die Temperatur im Stall um bis zu 10 °C gegenüber der Außentemperatur senken. Je höher die Außentempertaur, desto stärker ist der mögliche Abkühleffekt. © Brede

Erdwärmetauscher

Erdwärmetauscher an bzw. unter Ställen sind ziemlich aufwändig vom Einbau, aber sehr gut funktionierende Systeme. Sie können nicht nur im Sommer kühlen, sondern im Winter auch wärmen. Der Wirkungsgrad ist sehr hoch. Auf eine ausreichende Einbautiefe der Zuluftrohre ist dabei zu achten. Bei uns weniger verbreitet sind sogenannte Schottertauscher, bei denen die Zuluft durch ein Schotterbett am Stall geführt wird. Diese Systeme werden in Österreich und der Schweiz öfter verbaut.

Neue Begrenzung für den Transport von Schlachtschweinen bei Hitze

Seit dem 01.01.2022 sind mit einer Änderung der Tierschutztransportverordnung verschärfte Anforderungen an den innerstaatlichen Tiertransport in Kraft getreten. So müssen bei einer Außentemperatur von mehr als 30 Grad innerstaatliche Tiertransporte zum Schlachthof innerhalb von 4,5 Stunden beendet sein. Diese Vorgabe umfasst das Aufladen, die Fahrtzeit zum Schlachthof und das Abladen der Schweine.

Außerdem sollten Sie unbedingt darauf achten, dass mit Tieren beladene LKW-Anhänger immer ausreichend belüftet werden und nicht separat in der Sonne stehen bleiben.

Eindringen in Schweineställe auch an heißen Tagen verhindern

Tierrechtler statten Schweine haltenden Betrieben bei heißen Temperaturen gerne Besuche ab. Denn sie nutzen es oft gezielt aus, wenn Schweinehalter teilweise zwecks zusätzlicher Lüftung ihre Stalltüren öffnen und noch dazu in der Erntezeit viel los ist auf den Betrieben. In den vergangenen Jahren hat es an heißen Tagen oft derartige Vorkommnisse mit den entsprechenden Folgeerscheinungen gegeben. Seien Sie auf der Hut und lassen Sie Stalltüren auch bei hohen Temperaturen nicht offen stehen, sondern schließen diese sicher ab.

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den Land&Forst-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.

Digitale Ausgabe

Jetzt bestellen
  • ✓ Artikel suchen und merken
  • ✓ exklusiv: Video und Audio
  • ✓ Familienzugang
  • ✓ 1 Tag früher informiert
Produkte entdecken
Das könnte Sie auch interessieren
Heftteaser Land&Forst

Inhalte der Ausgabe

  • Waldzustandsbericht: Nur jeder fünfte Baum ist gesund
  • Bodenschätze: So lässt sich Kies zu Geld machen
  • Interview: Pferde aus dem Ausland kaufen
  • Solarpaket soll Energiewende antreiben
  • Zoonosen: Neue Forschung zu gefährlichen Keimen

Jetzt das Wochenblatt kennenlernen – gedruckt oder digital!

Reinschnuppern: 12 Ausgaben ab 10€

Jetzt bestellen